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16. Juni 2020

Artikelreihe Design forscht

Design forscht. Wer forscht, bleibt.

Designer+innen sind akademische Handwerker+innen – sie vereinen akademisches Wissen mit Umsetzungskompetenz. Designer+innen sind Suchende nach einer Lösung für eine spezifische Aufgabenstellung in unserer Lebenswelt. Designende prägen durch ihre Tätigkeit Produkte, Services, Prozesse und Verhalten. Damit geht Verantwortung einher.

Hierin liegt die Relevanz von Forschung für uns als Designende und als gesamte Branche. Nur wenn wir diese Verantwortung annehmen und uns ihr gewachsen zeigen, werden wir Bestand haben. Wer sich mit dem komplexen Themenfeld Design und Forschung zu beschäftigen beginnt, kommt schnell an den Punkt, an dem eine definitorische Kartierung der Forschungslandschaft notwendig wird. Ich differenziere hier grob in zwei größere Forschungsbereiche mit jeweils verschiedenen Forschungsfeldern.

1.) Design als Forschungsobjekt

Im Bericht der Kulturwirtschaft 2019 wird der Umsatz der Designwirtschaft auf ca. 20,5 Millionen Euro beziffert. Die Teilbranche steuert damit 9,4 % zur Bruttowertschöpfung der gesamten Kreativwirtschaft bei. Diese Zahlen beschreiben, welchen wirtschaftlichen Faktor die Designwirtschaft in Deutschland darstellt. Für besagten Bericht wurden Daten über die Designbranche und ihren Beitrag zum Wohlstand in Deutschland erhoben. Derartige Erhebungen zur volkswirtschaftlichen Bedeutung geben der Branche Größen an die Hand, um auf politische und gesamtwirtschaftliche Entscheidungen Einfluss zu nehmen.

Ein anderer Forschungszweig beschäftigt sich mit den philosophischen, kulturhistorischen und ästhetischen Aspekten des Designs. John Berger beschrieb 1972 in seinem Buch „Ways of seeing“ das ästhetische Phänomen, „… dass der Zustand zwischen dem, der sieht, und dem, was gesehen wird, niemals definiert ist …”. Eine Tatsache, die alle Kommunikationsdesignenden nur zu gut aus eigener Erfahrung kennen.
Design ist hier der Forschungsgegenstand. Designforschung im philosophischen und kulturhistorischen Kontext schafft das kulturelle und ästhetische Gedächtnis unserer Branche – ein viel zu wenig anerkannter und betonter Aspekt.

2.) Forschung im Designprozess – Design als Tätigkeit

Dieser Bereich differenziert sich in drei Forschungsfelder.

A) Forschung FÜR Design befasst sich mit Forschungsmethoden, die zu einem Designprozess beitragen, angefangen bei der initialen Problemdefinition über das Deliverable bis zur fortlaufenden Optimierung (Iteration).

B) Forschung ÜBER Design befasst sich mit

– der Evaluation der einzelnen Zwischenergebnisse und dem Deliverable sowie dessen Evaluationen für die fortlaufende Optimierung.
– den Methoden, die erforscht und entwickelt werden FÜR Design, um Designprozesse zu beschreiben und zu optimieren.

C) Von Forschung DURCH Design hingegen kann die Rede sein, wenn neues Wissen entsteht. Beispielsweise mittels der Visualisierung von komplexen Zusammenhängen oder originärer Methoden im Design, die per se Forschung sind.

In den nächsten Monaten wird Regina Hanke* ihre Perspektive auf Forschung im Designprozess skizzieren. Auf jeden Artikel folgt ein kurzes Glossar, in dem sie anstrebt Fachbegriffe im Designkontext zu klären.

Literatur

»Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2019 – Kurzfassung«, o. J., 64.
Berger, John. Ways of Seeing. Penguin UK, 2008 (engl. Erstveröffentlichung 1972).

Die Autorin

Die BDG-Designerin Regina Hanke, M.A., ist seit mehr als 10 Jahren im Themenfeld Gesundheitswesen unterwegs. In diesem stark regulierten und forschungsgeprägten Umfeld arbeitet ihr Designunternehmen Lindgrün in medizinischen Forschungskonsortien und Forschungsprojekten mit (z.B. Leila). Dank dieser Einblicke entwickelte sie einen differenzierten Blick auf Forschung und Design. Mit der neuen Unit Grauwert ihres Designunternehmens setzt sie nun dieses Wissen ein. Grauwert betreibt Forschung für und über Design, um Verhalten durch Design zu formen und um die Deutungshoheit über Design durch Designende zu etablieren.

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